Im Folgenden geben wir Wortbeiträge wieder, die bei der Ostermarsch-Fahrradtour am 18.4.2022 gehalten wurden.
Es gilt das gesprochene Wort.
Dr. Achim Schmitz, am Kriegerdenkmal im Stadtgarten
Ukraine-Krieg, einer von vielen seit Ende des zweiten Weltkriegs - Gelingt es der Friedensbewegung, den Friedensgedanken aufrecht zu erhalten?
Liebe Zuhörende,
ich stelle mich kurz vor: Ich heiße Achim Schmitz, bin in Organisationen, die zum Friedensbündnis gehören, darunter der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen), bin auch aktiv in der Friedensbildung und beschäftige mich mit Fragen der Friedensforschung.
Die Grundsatzerklärung der War Resisters‘ International lautet: „Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten.“ Auch ich verurteile den Angriffskrieg des Putin-Regimes in Russland gegen die Ukraine aufs Schärfste.
Dennoch halte ich militärische Drohpolitik von westlicher Seite für gefährlich, da sie eine unkontrollierbare Konflikteskalation nach sich ziehen kann. Die (oliv-)grüne Außenministerin Baerbock forderte lt. Tagesschau vom 11.4.2022, auch „schwere“ Waffen in die Ukraine zu liefern:
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Der Rüstungskonzern Rheinmetall brüstet sich mit einem Angebot von Kampfpanzern. Zu dieser Aufrüstungspolitik gibt es Alternativen:
Die DFG-VK und der Bund für Soziale Verteidigung, in denen ich Mitglied bin, sind Mitgliedsorganisationen der War Resisters‘ International. Sie haben am Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, also am 24. Februar eine Erklärung veröffentlicht, aus der ich auszugsweise zitiere:
Wir rufen die ukrainische Bevölkerung auf, einer möglichen von Russland eingesetzten neuen Regierung jeden Gehorsam zu verweigern. Das nennt man Soziale Verteidigung. Wenn sich alle den Anweisungen Russlands verweigern, falls Russland die Ukraine besetzt, dann kann es seine Ziele letztlich nicht erreichen.
Wir rufen auch die russische Bevölkerung und die russischen Soldat*innen auf, jeden Gehorsam gegenüber den Kriegshandlungen ihrer Regierung zu verweigern, gewaltfreien Widerstand zu leisten und eine Absetzung des Putin-Regimes herbeizuführen. Auch das gehört zur Sozialen Verteidigung.
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Was ist Soziale Verteidigung? Der Bund für Soziale Verteidigung (BSV), schreibt auf seiner Homepage
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dazu am Anfang: „Soziale Verteidigung ist ein Konzept für einen gewaltfreien Widerstand, der eine Gesellschaft wirksam gegen einen militärischen Überfall von außen, aber auch gegen einen gewaltsamen Staatsstreich von innen schützen soll.“ Genau dazu wird hier aufgerufen.
Der BSV stellt Quellen zusammen, die von zivilem Widerstand in der Ukraine und Russland berichten, sowie Statements/Papiere, die Vorschläge für Soziale Verteidigung machen:
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Im ZDF wurde am 28.3.2022 berichtet, dass sich in vielen ukrainischen Städten Menschen friedlich den Besatzer*innen entgegenstellen:
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In einzelnen Städten wurden Bürgermeister von russischen Besatzern gefangen genommen. Nach friedlichen Protesten wurden sie wieder freigelassen.
Auch auf russischer Seite gibt es Proteste: Ein prominentes Beispiel ist der Protest gegen den Krieg in Russlands Staatsfernsehen am 15.3.2022:
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Daniel Hunter beschreibt in einem auf der Homepage vom Lebenshaus Schwäbische Alb veröffentlichten Artikel:
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Widerstandsformen, die schon zu Beginn des Krieges vereinzelt angewandt wurden: Das Handlungsspektrum reicht von einer Aufforderung durch eine Behörde zur Veränderung von Straßenschildern, dem Aufstellen von Sandsäcken bis hin zu Blockaden von Panzern durch mutige Menschen – ungeschützt und unbewaffnet. Hunter schreibt weiter: „Die Panzerfahrer haben entweder keine Erlaubnis oder kein Interesse daran, das Feuer zu eröffnen. Sie entscheiden sich für den Rückzug. Dies wiederholt sich in Kleinstädten in der ganzen Ukraine.“
Zum Schluss spreche ich noch ein wichtiges Anliegen an: Kriegsdienstverweigerer und Deserteure brauchen unsere Unterstützung
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Der Verein Connection e.V. unterstützt Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in verschiedenen Ländern und unterstützt sie auch, wenn sie Zuflucht suchen. Ich zitiere aus einer Presseerklärung von PRO ASYL und Connection e.V. vom 29.3.2022:
In einem gemeinsamen Appell an den Deutschen Bundestag fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis den Bundestag und die Bundesregierung auf, sowohl russischen und belarussischen als auch ukrainischen Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren Schutz und Asyl zu gewähren. Deutschland und alle anderen EU-Länder müssen diese Menschen, die vor dem Kriegseinsatz fliehen, unbürokratisch aufnehmen und ihnen ein dauerhaftes Bleiberecht ermöglichen – und auch dafür sorgen, dass das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung anerkannt wird.
Weiterhin ist Kriegsdienstverweigerung ein Menschenrecht, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2011 feststellte. Diesem Menschenrecht muss in allen Ländern, auch in denen, die sich im Krieg befinden, Geltung verschafft werden, so auch in der Ukraine.
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Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich weiter informieren und diese genannten Anliegen unterstützen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen trotz allem noch einen schönen restlichen Ostermontag.
Achim Schmitz ist aktiv bei der DFG-VK.